Kertell - Folge 9
Über Kertells Verhältnis zum Militär ist nicht viel überliefert, lediglich eine kleine Episode vom 21.10.1792 lädt zum Schmunzeln ein.
Kurz zum Hintergrund der ganzen Geschichte: Der Unterhalt von Militär war immer sehr teuer und die Mainzer Kurfürsten finanziell eher klamm, setzten sie doch andere Prioritäten. Zudem hatte die kurmainzische Armee einen Flickenteppich von Ländereien zu beschützen die in etwa im Dreieck Duderstadt (Eichsfeld), Aschaffenburg und Bingen lagen. Selten hatte der Kurfürst mehr als 4.000 Mann unter Waffen, schlecht ausgerüstet und noch schlechter bezahlt.
In der Stadt selbst gab es eine aus Handwerkern und Bürgern bestehende Bürgermiliz, deren militärische Stärke eher zweifelhaft war, bestand doch ihre Hauptaufgabe eher in polizeilichen Aufsichts- und Ordnungsaufgaben in ihrem jeweiligen Stadtviertel. Kertells Vater Johann Baptist brachte es in dieser Truppe immerhin zum Kapitän-Leutnant.
Im Oktober 1792 gingen die französischen Revolutionstruppen zum Gegenangriff über, nachdem sie bei Valmy den preußisch-hessischen Vormarsch zum Stehen gebracht haben und rückten auf das nahezu unbewaffnete Mainz vor. Die kurmainzischen Truppen hatten sich mit den Österreichern auf ein militärisches Abenteuer eingelassen, mussten zusammen mit ihren kaiserlichen Waffenbrüdern am 29. September vor den Franzosen bei Speyer die Waffen strecken und gingen in Gefangenschaft.
Angesichts der Hiobsbotschaft aus Speyer ging in Mainz die Angst um, der Kurfürst setzte sich nach Aschaffenburg ab, zahlreiche Höflinge taten es ihm gleich. In der Stadt selbst standen nur noch rd. 2.500 Soldaten verschiedenster Kontingente, hinzu kamen rd. 3.000 Mann der Bürgermiliz. General Adam de Custine rückte mit seiner 18.000 Mann starken Vogesenarmee von Süden an. Es kam zwar zu kleinen Scharmützeln, aber die Stadt ließ sich mit so wenigen und schlecht ausgebildeten Soldaten nicht effektiv verteidigen und so kapitulierte der Festungskommandant Clemens August von Gymnich am 21.10.1792 vor der erdrückenden Übermacht.
Kertells Miliz tat an diesem Tag wieder Dienst am Neutor, dem südlichen Ausgang des inneren Festungsgürtels, dass es gegen die heranrückenden Franzosen zu halten galt. Während der Mittagspause ließ er sich von seinem Sohn Johann Maria vertreten, der – angesichts der brenzlichen Situation mit seinem Trupp Bürgermiliz das Tor aufgab und es den heranrückenden Franzosen überließ.
Die Mainzer Verluste während der gesamten „Schlacht“ werden mit zwei Toten und einigen Verwundeten angegeben. Über die Verluste auf französischer Seite sind keine Aufzeichnungen bekannt.