Kertell - Folge 6
Als Kaufmann hatte Johann Maria Kertell außerordentlichen Erfolg. Alles was er anfasste, verwandelte sich zum sprichwörtlichen Gold. Ölseifenproduktion, Weinhandel und Backsteinproduktion haben wir schon kennengelernt. Als erfolgreicher Getreidehändler hatte er 1817 allein mit dem Königreich Württemberg Abschlüsse in Höhe mehrerer Millionen Gulden gemacht. Seine Geschäftsbeziehungen reichten entlang des damaligen Haupthandelsweges, des Rheins, von der Schweiz bis in die Niederlande aber auch – insbesondere in der „Franzosenzeit“ – bis weit nach Frankreich hinein. Warentransport war damals ein mühseliges Geschäft, insofern galt es nicht nur Handelshemmnisse abzubauen, sondern auch die Handelswege durch Ausbau zu verbessern. Tulla begann 1817 mit der Rheinbegradigung, ab 1835 dampften auch die ersten Eisenbahnen durch die deutschen Staaten.
Dampfschiffe verkürzten die Reisezeiten für Personen und Güter ungemein und so war Kertell 1825 Mitbegründer der „Dampfschifffahrtsgesellschaft von Rhein und Main“, 1830 wurde er sogar deren Präsident. Man betrieb Schiffslinien nach Frankfurt und nach Mannheim, später, nach Übernahme der „Großherzoglich Badischen Rheindampfschiffahrtsgesellschaft“, sogar bis nach Basel. Die 1827 angeschaffte CONCORDIA erwies sich jedoch wegen ihres Tiefgangs für die Fahrten auf dem Oberrhein als unbrauchbar und so wurde sie nach Köln an die „Preußisch-Rheinische Dampfschifffahrtsgesellschaft“ weiterverkauft. Zusammen mit den Kölnern wurde eine Betriebsgemeinschaft für die Stecke Mainz-Köln gegründet und am 1. Mai 1827 tuckerte die CONCORDIA erstmals auf der neuen Linie.
Die Fahrtzeit von Mainz nach Köln verkürzte sich auf zehn Stunden, flussaufwärts gings mit 22 Stunden Fahrtzeit und einer Übernachtung in Koblenz nicht ganz so schnell.
Parallel zum eigenen wirtschaftlichen Aufstieg begann auch seine Tätigkeit in den Vertretungsorganen der Wirtschaft: Ab 1811 gehörte Kertell der Mainzer Handelskammer an, von 1823 bis 1830 war er sogar deren geschäftsführender dritter Vizepräsident. Folgerichtig ging er auch in die Politik, aber davon mehr im nächsten Kapitel.
Mit der CONCORDIA als erstem „Linienschiff“ auf dem Rhein begann 1827 die lange Geschichte der Köln-Düsseldorfer.
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