Die Geburt
Schöner kann eine „Geburtsanzeige“ kaum sein, als die in der „Mainzer Fastnachtschronik“ des Jahres 1838: „Eines Tages trat in der Gesellschaft der Narren ein Mann auf, vom Carneval erleuchtet und gesandt, mit prophetischem Geiste, und predigte: ‚Meine Herren und Mitnarren! Dem Fürsten Carneval müsst ihr eine würdige Garde zubereiten‘.“
Ob der Mainzer Großkaufmann und Politiker Johann Maria Kertell (18 .5.1771 – 24.5.1839) diesen Satz tatsächlich anno 1837 so gesagt hat, ist natürlich nicht mehr nachvollziehbar. Aber mit ihm ist die Geburt der Mainzer Ranzengarde dokumentiert. Der Truppe im närrischen Kampf gegen Mucker und Philister, von der Eduard Reis 1839 in der Zeitschrift „Das Rheinland“ schwärmte: „Doch denke ich, dass diese köstliche Garde sich dereinst noch so berühmt machen wird, dass ihr Brockhaus eine Spalte in seinem Conversationslexikon widmen wird. Dann aber ist sie auch unsterblich.“ Recht sollte er behalten, der Herr Reis.
Die Ur-Garde
Nach den ersten Versuchen eines Nikolaus Krieger, 1837 einen „Krähwinkler Landsturm“ durch das völlig ungeordnet und nicht selten chaotisch feiernde Mainz marschieren zu lassen, machte Kertell „Nägel mit Köpfen“, hob im selben Jahr die Ranzengarde aus der Taufe und ließ sie an Fastnachtssonntag 1838 aufmarschieren. Beeindruckende 37 Mann stark. Überwiegend brave Handwerker, aber auch Geschäftsleute. Allen voran hoch zu Ross der schon kränkelnde 67-jährige Kertell als „General Edler von Seuffenkessel“. Ein wahre Persiflage auf das Militär, vor allem auf die „Langen Kerls“ des altpreußischen Infanterieregiments Nr. 6, für die eine Mindestgröße von 6 Fuß vorgeschrieben war.
Die „dicken Kerls“
Die Ranzengarde (im Mainzer Dialekt ist der Ranzen ein dicker Bauch) stellte die preußische Vorschrift auf närrische Art auf den Kopf: Aufnahmebedingung waren ein Mindestgewicht von zwei Zentnern und ein Leibesumfang von mindestens 6 Fuß, also rund 1,50 Meter. Das konnte selbst im Gründungsjahr nicht jeder Gardist vorweisen und half mit Kissen oder Stroh unter der Uniform nach.
Zauberhafte „Mutter“
Der erste Auftritt ließ „Das Rheinland“ jubeln: „Ranzengarde war der Zauber, der alle mächtig anzog und alles andere, die Narrheit ausgenommen, in den Schatten stellte.“ Und das ist bis heute so geblieben. Denn: Wir sind das Original!